Employability & innere Haltung

Arbeit nimmt eine zentrale Rolle in unserem Leben ein. Wer die Tätigkeit, die er täglich verrichtet, nicht wirklich liebt, wird langfristig weder erfolgreich noch zufrieden sein. Dabei liegt es an uns selbst, Handlungsspielräume auszuloten und entweder das Mindset oder den Job zu ändern, weiß Monika A. Pohl.

Sommer 2022, unterwegs mit Alaska Railroad auf dem Weg von Anchorage nach Fairbanks. Es war kurz vor dem Zielbahnhof, als sich der Zugbegleiter mit folgenden Worten an seine Gäste wandte: „Für Ihre Reise mit uns möchten wir uns herzlich bedanken. Es hat uns sehr gefreut, dass Sie heute unsere Gäste waren, denn nur so ist es uns möglich, einem Job nachzugehen, den wir alle wirklich lieben.“ Diese simple Durchsage hatte es in sich. Zweifelsohne konnte ich nach dieser Zugfahrt allen Mitarbeitern bescheinigen, dass sie ihrer Tätigkeit mit Leidenschaft nachgingen. Das haben mir ihre authentische Freundlichkeit, ihre Geduld im Umgang mit den hartnäckigen Fragen der Gäste und ihr Humor an diesem langen Tag der Reise bestätigt.

Arbeit sollte der Weiterentwicklung dienen

Nun arbeitet nicht jeder in einer so reizvollen Umgebung wie in der Natur Alaskas, aber auch im Büro einer Großstadt entscheidet die eigene innere Haltung der Arbeit gegenüber, wie erfolgreich Sie sind und ob Sie in Summe von einer erfüllenden Tätigkeit sprechen können. Betrachten wir dazu den vom Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägten Begriff „New Work“, der innovative Ansätze in der Arbeitsplatzgestaltung beschreibt. Dieser wird synonym für neue Arbeitsweisen in der Gegenwart und in der Zukunft benutzt. Bergmann ist der Überzeugung, dass die Arbeit, die wir leisten, nicht unsere Kräfte aufzehren und uns erschöpfen, sondern uns stattdessen mehr Kraft und Energie verleihen sollte. Sie sollte uns bei unserer Entwicklung unterstützen, lebendigere, vollständigere, stärkere Menschen zu werden. Genau diese Ansicht teile ich auch. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet: Wie können wir selbst dazu beitragen und welche Rolle spielt dabei unsere Leistungsmotivation?

Intrinsische und extrinsische Motivation verstärken einander

Wenn ein Unternehmen erfolgreich sein möchte, braucht es motivierte Beschäftigte, die bereit sind, Leistung zu bringen. Bestenfalls, ohne sich selbst aus dem Fokus zu verlieren, das heißt ohne krank zu werden oder auszubrennen. Dabei gibt es zwei Arten der Motivation, die intrinsische und die extrinsische. Während die intrinsische Motivation aus dem eigenen inneren Antrieb heraus entsteht und beispielsweise durch Flow-Erlebnisse, gesunde Arbeitsumgebung oder gute Teamarbeit gefördert wird, wird die extrinsische Motivation in erster Linie durch äußere Anreize gespeist, wie zum Beispiel eine Provision oder Aussicht auf eine Beförderung. Dabei schließen beide einander nicht aus. Ganz im Gegenteil, sie können sich gegenseitig verstärken. Wenn ich meine Arbeit mit Freude ausführe und zusätzlich noch eine Beförderung in absehbarer Zeit ansteht, dann macht mir mein Job gleich doppelt so viel Spaß.

Welche Art der Motivation jedoch für einen selbst grundsätzlich die größere Bedeutung hat, ist in erster Linie abhängig von der eigenen Persönlichkeit und den Werten, die ein Mensch mitbringt.

Da äußere Faktoren einem stetigen Wandel unterliegen, ist eine intrinsische Motivation langfristig gesehen stabiler, auch wenn sie sich aufgrund neuer Erfahrungswerte und Überzeugungen im Laufe des (Erwerbs-)Lebens ebenfalls verändern kann.

Eigene Leistungsmotivation verstehen

Eine zielführende Leistungsmotivation setzt ein achtsames Selbstmanagement voraus. Dabei ist es sinnvoll, sich klar darüber zu werden, was genau Sie antreibt und wie viel Ihnen Ihre Arbeit tatsächlich bedeutet. Sehen Sie sich selbst als täglich gefangen im Hamsterrad, dem Sie zwar entkommen wollen, aber nicht können? Oder gehen Sie gern zur Arbeit, weil Sie wissen, dass Sie mit Ihrem Tun etwas bewirken, das entweder der Firma, mit der Sie sich identifizieren, oder einem weitaus größeren Zweck dient? – Es gibt viele gute Gründe, warum Menschen sich aus dem Bett quälen, ins Auto oder in die Bahn setzen und zur Arbeit fahren. Die meisten von ihnen betrachten Arbeit, im Sinne einer Erwerbstätigkeit, als finanzielle Absicherung ihres Lebensunterhalts. Aber in Wirklichkeit ist Arbeit weit mehr als das, denn sie ermöglicht uns gesellschaftliche Teilhabe und gibt uns die Chance, unsere Fähigkeiten und Talente unter Beweis zu stellen. Sie bietet uns die Möglichkeit, in den Genuss des Erfolgs, der Anerkennung in einer Gemeinschaft und des Prestiges zu kommen.

Arbeit gibt uns eine Identität und verleiht uns Würde, ganz gleich, welche Tätigkeit wir ausüben.

Sie strukturiert unseren Alltag und schenkt uns das Gefühl, gebraucht zu werden. Wer hart arbeitet, genießt den Feierabend, schätzt das Wochenende und den Urlaub mehr. Ob aus Pflicht, Berufung oder Leidenschaft, Arbeit nimmt eine zentrale Rolle in unserem Leben ein.

Eine Entscheidung treffen und handeln

Wenn Sie Ihre Arbeit genau aus diesem Blickwinkel betrachten, gibt es nur zwei Möglichkeiten, die Sie für sich achtsam ausloten sollten, um Ihren aktuellen Status quo zu bestimmen und die passende innere Haltung zu kultivieren: Entweder Sie sagen aus vollem Herzen „Ja!“ zu Ihrem Job – wohlwissend, dass nicht alles immer rund läuft und nicht jeder Tag gleichermaßen viel Spaß macht. Oder Sie sagen „Nein, Danke!“ und schauen sich nach einer erfüllenden Alternative um. Alles andere wäre ein fauler Kompromiss, der vermutlich früher oder später dazu führen würde, dass Sie Ihre Arbeit erschöpft, statt Sie glücklich zu machen und zu beflügeln. Und genau das wird man Ihnen täglich anmerken.

Abschließend noch einmal zurück zum Zugbegleiter: Da es schon spät war und es langsam dunkel wurde, als der Zug die Endstation erreichte, fügte der Mann hinzu: „Ein weiterer Tag neigt sich dem Ende. Versuchen Sie, aus jedem einzelnen in Ihrem Leben das Beste zu machen, denn unsere Reise ist endlich.“

 

Monika Alicja Pohl ist Expertin zum Thema Selbstfürsorge in Zeiten der New Work und Buchautorin. Hauptberuflich leitet sie die Dr. Mildred Scheel Akademie für Forschung und Bildung der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Als Trainerin und Coach vermittelt sie Strategien und Kompetenzen für einen gesunden Lebensstil und ein erfülltes Berufsleben. Ihr neues Buch „Employability. So werden sie fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft“ ist im GABAL Verlag erschienen.

Zum gesamten Jubiläumsmagazin: 33207.pdf (ars.at)

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