Auslöser und Gefahren von Stress im Arbeitsalltag
Laut Studien kann man davon ausgehen, dass sich etwa die Hälfte der Beschäftigten überlastet fühlen. Dazu kommt, dass bei fast allen Untersuchungen über generelle Arbeitsbelastungen der Faktor Stress maßgeblich beteiligt ist. Mag. Olivia Rathammer hat uns erklärt, was typische Ursachen für Stress sind und wie man sich am besten mit ihm auseinandersetzt.
Auslöser und Verbreitung von Stress
Hauptauslöser von Stress im Arbeitsalltag ist allen voran der erlebte Zeit- und Termindruck bzw. schlichtweg die zu große Menge an Aufgaben, die zu bewältigen sind. Dazu kommen weitere Stressfaktoren wie der Umgang mit der zunehmenden Informationsflut, fehlende Handlungsspielräume, häufige Störungen und Unterbrechungen und schlechte betriebsinterne Kommunikation oder Zusammenarbeit. Dies äußert sich z. B. in Form von unklaren Zuständigkeiten, fehlenden Informationen, häufig wechselnden Prioritäten oder einem wenig wertschätzenden Umgang miteinander und fehlender sozialer Unterstützung seitens der Führungskraft. Wenn auch noch die Angst dazukommt, möglicherweise den Job zu verlieren, steigt die Belastung noch einmal massiv an.
Folgen von Stress im Arbeitsalltag
Einerseits spüren Unternehmen die Folgen von Stress und psychischen Belastungen im Arbeitsalltag anhand von Kennzahlen wie erhöhten Krankenstandszahlen, Fluktuation, der Zunahme von Arbeitsunfällen, sinkender Leistungsfähigkeit und der Zunahme von Fehlern und den dadurch entstehenden Kosten. Andererseits sind die Folgen auch auf individueller Ebene zu beobachten. Erschöpfung und Überlastung können sich dann auf ganz unterschiedliche Weise äußern, körperlich wie seelisch. Viele Beschäftigte berichten von arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen, die häufig mit Stress in Verbindung stehen. Neben körperlichen Warnsignalen wie z. B. Herzrasen, Kopf- und Rückenschmerzen, Magen-/Darmbeschwerden, Schlafstörungen, chronischer Müdigkeit und Erschöpfung, sind auch auf emotionaler und geistiger Ebene sowie im Verhalten die Auswirkungen zu beobachten. Man ist unkonzentriert, unzufrieden und gereizt, macht mehr Fehler, hat kreisende Gedanken. Auch ein verändertes Essverhalten, steigender Alkohol- oder Nikotinkonsum und sozialer Rückzug können typische Anzeichen für eine erhöhte Stressbelastung sein.
Umgang mit Stress auf persönlicher Ebene
Auf persönlicher Ebene ist es wichtig, eine regelmäßige Bestandsaufnahme durchzuführen, um die eigenen Stressfaktoren und Warnzeichen auf den verschiedenen Ebenen bei sich selbst erst einmal zu erkennen und auch ernst zu nehmen. Erst so kann man bemerken, dass die eigene Belastungsgrenze erreicht ist, dann aus dem „Funktionieren-Modus“ aussteigen, schauen, „Wie geht es mir gerade?“ und sich in weiterer Folge fragen „Was brauche ich jetzt, um wieder Erholung zu finden?“. Es ist also langfristig am wirksamsten, den Stress bereits an der Wurzel zu packen. Dies kann durch Maßnahmen geschehen wie Prioritäten und gesunde Grenzen zu setzen, Multi Tasking zu vermeiden und einen guten Umgang mit den eigenen Emotionen wie Wut und Ärger zu finden. Zusätzlich ist es hilfreich, bei Führungskräften und Kolleg*innen Unterstützung zu suchen. Im optimalen Fall können auch aus eigener Kraft organisatorische Veränderungen angestoßen werden, z. B. Störquellen wie Lärm und zu
häufige Unterbrechungen auszuschalten. Zusätzlich ist es wichtig, Perfektionismus und andere innere Antreiber zu überdenken und immer wieder einen Realitäts-Check zu den persönlichen Einstellungen und Bewertungen durchzuführen. Oft sind es Zukunftsängste (z. B. Angst vor Fehlern) oder das Festhalten an festgefahrenen Vorstellungen und Erwartungen, die unser Stresserleben zusätzlich verstärken. Und abschließend gilt es, die eigene Stressreaktion gut steuern zu können, also gerade in stressreichen Zeiten auch immer wieder Pauseneinzulegen und sich zu erholen. Dies kann sich entspannen, nichts tun und schlafen bedeuten. Jedoch kann Erholung auch alle Aktivitäten umfassen, die das persönliche Energielevel wieder aufbauen, also Hobbies nachgehen, Freundschaften pflegen oder Genussmomente schaffen. Zusätzlich gibt es eine Reihe von fundierten Techniken und Entspannungsmethoden, die sehr wirksam trainiert und eingesetzt werden können, wie z. B. die Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training oder Meditationsübungen.
Die passenden Rahmenbedingungen gegen Stress von Arbeitgeberseite
Auf Seiten der Arbeitgeber gilt es, die Arbeit nicht nur effizient, sondern auch „menschengerecht“ zu gestalten, um zur Stressreduktion und damit zur Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten beizutragen. Typische Stressfaktoren und unnötige Arbeitsbelastungen, wie oben genannt, sollten vorbeugend so gut es geht beseitigt oder zumindest verringert werden. Als Basis dafür kann die gesetzlich
vorgeschriebene Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz dienen. Dabei werden die größten Stressfaktoren an den jeweiligen Arbeitsplätzen erhoben und passende Maßnahmen für gute
Rahmenbedingungen und unterstützende Strukturen festgesetzt. Ergänzend zu diesen organisatorischen Maßnahmen spielt das Verhalten der Führungsebene eine zentrale Rolle. Gerade bei Stressfaktoren,
die nicht so leicht verringert werden können, wie z. B. Zeit- und Termindruck sowie Arbeitsmenge, ist es umso wichtiger, über ein gesundes Führungsverhalten den entsprechenden Rückhalt zu schaffen.
Wichtige Faktoren dabei sind allen voran eine wertschätzende menschliche Grundhaltung, Kontakt- und Gesprächsbereitschaft sowie Transparenz, Offenheit und Fairness der Belegschaft gegenüber,
gerade bei wichtigen Entscheidungen. Ein paar wichtige Tools, durch welche die Rahmenbedingungen gestaltet werden können, sind die gute Gestaltung von Mitarbeiter*innengesprächen und Teambesprechungen, passende Fortbildungsangebote, Mitbestimmungsmöglichkeiten, bedürfnisorientierte räumliche Rückzugsmöglichkeiten und Pausengestaltung sowie Urlaubsplanung und letzten Endes auch eine unterstützende arbeitsmedizinische bzw. arbeitspsychologische Beratung anzubieten