Im Arbeitsrecht Up to Date

Sascha Obrecht

Im Rahmen des HR Circle am 15.1.2024 brachte Mag. Sascha Obrecht den Zuhörer*innen neben ausgewählten höchstgerichtlichen Entscheidungen aus dem Jahr 2023 auch die wichtigsten Neuerungen im Arbeitsrecht näher. Herr Obrecht hat die wichtigsten Punkte seines Vortrags für Sie in diesem Blogbeitrag zusammengefasst.

Judikatur zur Verjährung von Urlaubsanspruch

Arbeitsrechtlich immer am laufenden Stand zu bleiben, ist gar nicht so einfach – Judikatur und Gesetzgebung müssen gleichsam im Auge behalten werden. Was die OGH-Judikatur im letzten Jahr betrifft, ging es in einer der praktisch wohl wichtigsten OGH-Entscheidungen um die Verjährung von offenem Urlaubsanspruch. Dabei änderte das Höchstgericht seine bisherige Judikatur und führte aus, dass die Verjährung von Urlaub nur mehr nach Aufforderung zum Urlaubsverbrauch und entsprechendem Hinweis auf die drohende Verjährung eintritt. Dem gingen mehrere Entscheidungen des EuGH voraus, die den OGH letztlich zu dieser Änderung seiner Judikaturlinie bewogen. Die bisherige Rechtsprechung, wonach die vergleichsweise lange Verjährungsfrist im Urlaubsgesetz den Arbeitnehmer:innen (AN) ausreichend Zeit ließe, um den Urlaub anzutreten, und die Verjährung nach entsprechendem Zeitablauf ohne Weiteres eintrete, muss damit als verworfen betrachtet werden.

Die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in Österreich

Mit der Whistleblower-Richtlinie wurde das Ziel verfolgt, innerhalb der Europäischen Union die unterschiedlichen Whistleblower-Regelungen anzugleichen und ein Mindestniveau an Schutzvorschriften für Whistleblower zu etablieren. In Österreich wird diese Richtlinie durch das HinweisgeberInnenschutzgesetz umgesetzt. Zentrale Regelung dieses Gesetzes ist die Verpflichtung von Unternehmen mit mindestens 50 AN, eine interne Meldestelle einzurichten, an die Hinweise zu Rechtsverletzungen im Unternehmen gerichtet werden können. Die Hinweise müssen schriftlich oder mündlich oder in beiden Formen unter Wahrung der Identität des Whistleblowers gegeben werden können.

Flankiert werden diese Bestimmungen mit einem Schutz der Whistleblower vor Vergeltungsmaßnahmen wie z. B. einer Kündigung. Sollte die Hinweisgebung der tragende Grund für die Kündigung gewesen sein, so ist sie unwirksam. Dabei wurde das Beweismaß dafür, dass die Vergeltung das tragende Motiv hinter der Kündigung war, auf die Glaubhaftmachung herabgesetzt (die Richtlinie sieht gar eine Beweislastumkehr vor, weshalb die Richtlinienkonformität in dieser Hinsicht bezweifelt werden kann).

Der Schutz des HinweisgeberInnenschutzgesetzes: Vor einer Veröffentlichung etwa durch den Gang an die Medien oder dem Posten in den sozialen Medien, müssen Hinweise zunächst an die interne oder externe Meldestelle erfolgen.

Whistleblower haben bei der Hinweisgebung jedoch auch eine gewisse Reihenfolge einzuhalten: Primäre Anlaufstelle ist die interne Stelle. Diese ist angehalten, binnen dreier Monate mitzuteilen, wie mit dem Hinweis verfahren wird. Nur wenn der Hinweis an die interne Stelle unmöglich, nicht zweckentsprechend, erfolg- oder aussichtslos ist, soll die externe Meldestelle (Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung) damit befasst werden. Sollten Whistleblower nicht zunächst die Meldestellen befassen, sondern die wahrgenommene Rechtsverletzung gleich veröffentlichen, gehen sie den Schutzbestimmungen nach dem HinweisgeberInnenschutzgesetz verloren. Dies ist nur in Ausnahmesituationen anders, wenn beispielsweise die vorgelagerte Befassung einer Meldestelle die Gefahr eines irreversiblen Schadens birgt.

Mehr Work-Life-Balance

Auch das zweite Update betrifft die Umsetzung einer europäischen Richtlinie: Mit 1.11.2023 wurde in Österreich die Work-Life-Balance-Richtlinie umgesetzt. Die Richtlinie soll die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärken und führte in Österreich zu einer Vielzahl an gesetzlichen Neuerungen. Als eine wesentliche Änderung muss diesbezüglich die Verkürzung des individuellen Karenzanspruches von 24 auf 22 Monate genannt werden. Die vorherigen 24 Monate können jedoch insbesondere dann weiterhin in Anspruch genommen, wenn die Elternteile die Karenz teilen (die Mindestkarenzdauer beträgt zwei Monate) oder wenn es sich um Alleinerzieher:innen handelt.

Hervorzuheben ist auch die Änderung bei der Pflegefreistellung: So ist bei der Pflege eines erkrankten nahen Angehörigen nunmehr kein gemeinsamer Haushalt als Voraussetzung nötig. Gleichzeitig ist der Anspruch auch für die Pflege von im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen erweitert worden, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis stehen. Vorstellbar sind dabei z. B. Studierenden-WGs oder ähnliche Wohngemeinschaften.

Der OGH ist nunmehr auf Linie mit der europäischen Rechtsprechung: Eine Verjährung des Urlaubsanspruchs tritt nur mehr ein, wenn Arbeitgeber zuvor zum Urlaubsverbrauch aufgefordert und auf die drohende Verjährung hingewiesen haben.

Darüber hinaus sind noch weitere Maßnahmen getroffen worden, die sich eigener Behandlung verdienen, aber deren Erörterung den hier vorgesehenen Rahmen sprengen. Insgesamt zeigt sich allerdings ganz klar, dass im Arbeitsrecht immer etwas los ist und sich ein regelmäßiges Update auszahlt.

Die ARS Akademie bietet das „Arbeitsrecht UP*Date“ an, bei dem Sie alle 2 Monate ein kompaktes Update über die neuesten Entwicklungen im Arbeitsrecht erhalten. Weiters können Sie vorab Ihre Fälle aus der beruflichen Praxis einbringen, welche dann bei den jeweiligen Veranstaltungen besprochen werden.

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Verfasst von

Univ.-Ass. Mag. Sascha Obrecht

Experte im Arbeitsrecht