Zwischen Hype und Realität: KI-Trends in Österreich
Kaum ein Unternehmen kommt an KI-Tools wie ChatGPT oder Copilot vorbei. Doch die nüchternen Zahlen zweier aktueller Studien zeichnen ein differenziertes Bild: Österreichische Unternehmen stehen KI zwar grundsätzlich positiv gegenüber, sind aber noch weit von einer durchgängigen Transformation entfernt. International zeigt sich ein ähnliches Muster – mit einem klaren Unterschied zwischen Pilotprojekten und tatsächlicher Wertschöpfung.
Österreich: Offenheit trifft auf Kompetenzlücken
Die Studie zur Nutzung und Wahrnehmung von KI im Auftrag des Handelsverband und in Zusammenarbeit mit Google verdeutlicht, dass 62 % der österreichischen Unternehmen KI positiv sehen, doch nur ein Drittel über solides Know-how verfügt. Besonders auffällig: Mehr als die Hälfte der Unternehmen hat keine strukturierten Weiterbildungsprogramme zum Thema KI etabliert.
Damit wird ein Muster sichtbar, das sich auch international zeigt: Die Bereitschaft ist groß, die Umsetzung aber bleibt zurückhaltend. Für Unternehmen heißt das, dass Weiterbildung nicht nur ein „nice to have“, sondern ein strategischer Imperativ ist.
Österreichs Firmen: Know-how noch lückenhaft
Der „GenAI Divide“: Hohe Nutzung, wenig Transformation
Die internationale MIT-Studie „State of AI in Business 2025“ beschreibt diesen Widerspruch als „GenAI Divide“: Trotz Milliardeninvestitionen schaffen es nur 5 % der Unternehmen, Pilotprojekte erfolgreich durchzuführen und echten Geschäftswert zu generieren.
In den Interviews, die für die Studie durchgeführt wurden, bringt es ein Geschäftsführer auf den Punkt: „Der Hype auf LinkedIn suggeriert, dass sich alles verändert hat, aber in unserem Betrieb hat sich nichts Grundlegendes geändert. Wir bearbeiten einige Verträge schneller, aber das ist auch schon alles, was sich geändert hat.“
Der Grund dafür ist aber nicht die Technologie, sondern einerseits das Investieren in statische Tools, die sich nicht an die individuellen Arbeitsabläufe des jeweiligen Betriebes anpassen, sowie fehlendes Wissen unter der Belegschaft, wie überhaupt gewinnbringend mit den Systemen gearbeitet werden kann.
Für Unternehmen bedeutet das: Adoption alleine reicht nicht. Entscheidend ist die Fähigkeit, Mitarbeitende nicht nur mit Tools vertraut zu machen, sondern sie zu befähigen, diese in produktive Prozesse einzubetten.
Schatten-KI: Mitarbeitende sind oft schon weiter als die Organisation
Besonders spannend: Während offizielle Unternehmensprojekte häufig stocken, zeigt die Studie des MIT ein starkes „Shadow AI“-Phänomen. Über 90 % der Mitarbeitenden nutzen private KI-Tools für ihre tägliche Arbeit – während nur 40% der befragten Unternehmen angeben, offizielle Tools zur Verfügung zu stellen.
Das birgt Risiken, aber auch Chancen. Für Unternehmen eröffnet sich hier die Möglichkeit, den praktischen Wissensvorsprung der Mitarbeitenden aktiv in strukturierte Weiterbildungsangebote zu übersetzen – und gleichzeitig Fragen von Datenschutz und Compliance proaktiv zu adressieren.
Investitionen: Zu viel Sichtbarkeit, zu wenig Substanz
Sowohl in Österreich als auch international zeigt sich ein deutlicher Favorit, wenn es um Investitionen geht. Unternehmen stecken bis zu 70 % ihrer KI-Budgets in Marketing und Vertrieb. Da hier Ergebnisse leichter quantifiziert werden können, fällt es in diesen Bereichen auch leichter, den Einsatz zu rechtfertigen.
HR und Recruiting sind in Österreich mit nur 12% Einsatz von KI im Mittelfeld, und das obwohl gerade in diesem Bereich hohe Effizienzgewinne angesiedelt sind. So können z.B. KI-gestützte Analysen helfen Skill Gaps innerhalb des Unternehmens frühzeitig zu erkennen und bürokratische Abläufe wie Vertragsprüfungen automatisiert werden.
Für HR ergibt sich daraus eine klare Botschaft: Wer KI nicht nur im Recruiting, sondern auch in Personalentwicklung und internen Prozessen einsetzt, erschließt ein bislang unterschätztes Potenzial.
KI-Einsatz: Marketing top, HR noch zurückhaltend
Weiterbildung: Von der Pflicht zur Kür
Mit dem EU AI Act verschärft sich die Lage: Rund 60 % der österreichischen Unternehmen wissen bereits, dass verpflichtende KI-Schulungen auf sie zukommen. Dennoch fehlt vielerorts ein strukturierter Ansatz. 47% der in der österreichischen Studie befragten Unternehmen geben an, bisher keine spezifischen Schulungsmaßnahmen durchgeführt zu haben. Hinzu kommt, dass nur 28% der befragten Unternehmen eine offizielle Richtlinie zur Verwendung von KI im Unternehmen implementiert zu haben. Daraus ergibt sich nicht nur eine Unsicherheit auf Seiten der Arbeitnehmer, sondern auch große Risiken für das Unternehmen, besonders im Bereich Datenschutz und Cybersecurity.
Daher sind unbedingt grundlegende Regeln im Betrieb zu verankern, die dann mit ersten Pilotprojekten und dem punktuellen Einsatz von KI-Tools ergänzt werden. Unternehmen, die KI erfolgreich implementieren, setzen auf kleine, hochspezifische Trainingsmodule, die sich direkt an konkreten Prozessen orientieren. Ein „One-size-fits-all“-Training wird dagegen selten angenommen und ist eher für ein grundlegendes Mindset unter der Belegschaft zum Thema KI geeignet.
Erfolgsfaktoren: Was Unternehmen richtig machen
Beide Studien zeigen, dass erfolgreiche Unternehmen einige Muster teilen:
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Externe Partnerschaften
Systeme, die in Kooperation mit spezialisierten Anbietern entwickelt werden, haben doppelt so hohe Erfolgsraten wie interne Eigenentwicklungen.
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Lernfähige Systeme
Statt statischer Tools setzen erfolgreiche Unternehmen auf Lösungen, die sich anpassen, Feedback aufnehmen und in Prozesse integrieren. LLMs wie zum Beispiel ChatGPT sind ideal geeignet für Brainstorming, erste Entwürfe oder generell als Sparringspartner. Es merkt sich jedoch keine Kundendaten, wiederholt Fehler und fordert für jede Sitzung erneut umfangreiche Angaben zum Kontext.
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Bottom-up-Ansatz
Pilotprojekte aus den Fachbereichen – häufig angestoßen von engagierten Mitarbeitenden – haben höhere Erfolgschancen als zentral gesteuerte „Top-Down“-Initiativen.
Für HR bedeutet das: Weiterbildung und Implementierung müssen dezentral gedacht werden. Abteilungen und Teams sollten befähigt werden, KI-Lösungen in ihrem Arbeitsalltag zu testen und weiterzuentwickeln.
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Fazit: HR als Brücke über den Divide
Die beiden Studien zeigen klar: Österreich ist aufgeschlossen gegenüber KI, steckt aber wie viele andere Länder in der Umsetzung fest. Für HR ergeben sich drei zentrale Handlungsfelder:
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Kompetenzaufbau professionalisieren
Statt punktueller Schulungen braucht es strategische Programme die auf das jeweilige Unternehmen abgestimmt sind.
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Schatten-KI kanalisieren
Das vorhandene Know-how der Mitarbeitenden identifizieren und in offizielle Strukturen überführen.
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Strategische Rolle ausbauen
HR nicht nur als Verwalter, sondern als Treiber der digitalen Transformation positionieren.
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