„Investoren verlagern bei steigender Inflation ihr Geld in sichere Häfen wie Immobilien“
Ein Gespräch mit dem Immobilienexperten Mag. (FH) Paul Schwarz, MA, MRICS zu den Themen Immobilien-Benchmarking, Nachhaltigkeit in der Immobilien-Branche und warum man die ARS-Akademie-Ausbildung zum Immobilien-Manager machen sollte.
Paul Schwarz zur Bedeutung von Immobilien-Benchmarking
Herr Mag. Schwarz, vielleicht kurz zum besseren Verständnis. Sie sind Experte für kaufmännisches Immobilienmanagement, Immobilienbewertung und Benchmarking in der Immobilienwirtschaft. Können Sie uns die Bedeutung von Benchmarking bei Immobilien erklären?
Unter Immobilien-Benchmarking versteht man ein Management-Instrument. Hierbei geht es darum, durch die Analyse konkreter Kennzahlen ein Immobilien-Portfolio sowie die darin enthaltenen Einzel-Immobilien bewerten und optimieren zu können. Die wichtigsten Indizes beziehungsweise Benchmarks im Bereich Real Estate werden von MSCI (ein US-amerikanischer Finanzdienstleister, Anm.) bereitgestellt. Hier erhalten Investoren und Immobilienkonzerne umfassende Business Intelligence Daten und Reports. Diese beinhalten neben den Indizes und Benchmarks auch aktuelle Marktdaten sowie umfassende Risiko Management Analysen. Die wichtigste Benchmark-Kennzahl im Real-Estate-Bereich stellt der Total Return dar, welcher sich aus der Netto-Cashflow-Rendite sowie der Wertänderungsrendite der betrachtenden Immobilie zusammensetzt.
Welche Vorteile ziehen Unternehmen daraus?
Immobilien-Benchmarking bedeutet, Maßstäbe zu vergleichen. Hat man ein Verbesserungspotenzial identifiziert, gilt es die Lücke nach oben zu den Best-Practice-Unternehmen systematisch zu schließen. Es handelt sich nicht um eine einmalige Wettbewerbs- oder Spotanalyse, wie es klassisch in der BWL heißt, sondern um eine kontinuierliche Vergleichsanalyse der eigenen KPIs mit jenen der besten Mitbewerber. Langfristiges Ziel von Benchmarking ist es, in einer sich ständig verändernden und schnelllebigen Welt dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben.
Worauf muss man dabei achten?
Dass die Datenbasis und die KPIs-Berechnungen nach den gleichen Standards und Vorgaben erfolgen. Dies gewährleistet zum Beispiel der MSCI Benchmark, vormals IPD (IPD wurde 2012 von MSCI aufgekauft, Anm.) mit seinem Immobilienglossar und den vorgegebenen standardisierten Templates.
Ausbildungen entdecken
Sie interessieren sich für das Thema?
Immobilien-Controlling: KPIs müssen Kerngeschäftsgrößen berücksichtigen
Wie werden die KPIs beim Controlling von Immobilien am besten genutzt?
Immobilien-Kennzahlen oder KPIs müssen kompatibel zur Konzernsteuerung sein und Kerngeschäftsgrößen berücksichtigen. Bei Immobilienkonzernen wären das sowohl Finanz- als auch Immobilienkennzahlen, die auf das Kerngeschäft wie Projektentwicklung, Bestand oder Transaktionsmanagement umgelegt werden. Eine Möglichkeit zur besseren Wertschöpfung wäre es zum Beispiel, die Identifizierung der Kostenpotenziale im Immobilienbereich durch interne Analysen der Ist-Kostendaten und auf Basis externer Benchmarks sicherzustellen.
Welche Vorschläge haben Sie zur besseren Verarbeitung von Datenbeständen?
Damit beschäftigen sich viele Konzerne, aber auch KMUs. Datengetriebene Business-Prozesse „definieren und standardisieren“ ist der erste Schritt zum Erfolg. Wenn man die komplexe Architektur eines DWHs (Datawarehouse, Anm.) strukturiert festlegt und mit anerkannten nationalen bzw. internationalen Kenngrößen arbeitet, erspart man sich eine zeitaufwendige Nachbearbeitung von Datenbeständen. Vor allem, wenn man international agiert, wo man in jedem Land andere Ländervorschriften und steuerrechtliche Vorschriften vorfindet, ist eine exakte Definition der Stamm-, aber auch der Bewegungsdaten sowie ein länderübergreifendes Immobilien-Glossar, essenziell erforderlich. Hier ist es besonders wichtig, dass man auf ein führendes Managementinformationssystem (MIS) setzt, wo alle Zahlen und Daten geprüft und aufbereitet einfließen.
Chancen & Risiken bei der Investition in Immobilienprojekte
Welche Risiken bestehen bei der Finanzierung von Immobilienprojekten und welche Formen des Investments gibt es?
Wie bei allen kostenintensiven Projekten gibt es auch hier zahlreiche Risiken. Derzeit leben wir in Zeiten von Krisen und im Vordergrund stehen Finanzrisiken wie das Zinsrisiko, das Kapitalmarktrisiko sowie das Liquiditätsrisiko auf Grund der derzeit schlecht planbaren Bau- und Projektgesamtkosten. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das große Thema ESG, inwieweit und schnell sich Finanzgeber den Regulatorien der EU anpassen müssen.
Immobilienexperte Paul Schwarz
Bei Crowd-Investing auf seriöse Anbieter achten
Welche Formen des Investments gibt es?
Einerseits klassische Immobilieninvestments wie Neubau- oder Bestandsentwicklungsprojekte oder neue Investitionsformen wie Crowd-Investing, wo man schon mit kleineren Investitionsbeträgen partizipieren kann. Diese Fundingplattformen werden am Markt immer mehr gefragt. Man muss hier jedoch darauf achten, dass es sich um seriöse Anbieter handelt, die in hochwertige Projektentwicklungen oder Bestandsimmobilien investieren, aber auch dem Kleinanleger Sicherheiten bieten. Hierbei macht es Sinn, sich die bisherige Performance bzw. den Track Record im Vorfeld anzusehen.
Ist die Immobilie angesichts der Marktlage mit steigenden Zinsen, hoher Inflation und Unsicherheiten am Markt noch das Betongold, als das es lange galt?
Prinzipiell sind Immobilien Sachwerte, diese werden daher weiterhin eine große Rolle bei Anlegern spielen. Gerade durch die bestehende hohe Inflation, die wir derzeit haben, werden Investoren ihr Geld in sichere Häfen verlagern. Hier sind Immobilien weiterhin eine attraktive Anlageform, bedingt auch durch die mögliche Weitergabe von Inflationsrisiken durch Mietanpassungen. Ob es aber für den Großteil der Menschen noch ein leistbares Wohnen geben wird, ist die andere Seite der Medaille. Hier ist die Politik gefordert, das Grundbedürfnis Wohnen sicherzustellen. Im Umkehrschluss kann die politische Komponente jedoch auch für die Investoren und Immobilienbesitzer eine Unsicherheit darstellen. Man braucht nur an die Mietpreisbremse in Deutschland oder die in Diskussion stehende Enteignung von Spekulanten denken.
Ein beachtlicher Teil der Branche steht bei der Nachhaltigkeit im Transformationsprozess
Wie sehr haben die ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance = Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungskriterien, Anm.) und das Thema Nachhaltigkeit die Branche bisher verändert?
Ich nehme bei meiner Beratertätigkeit sowie auch in den Seminaren ein verstärktes Interesse und auch eine verstärkte Nachfrage zum Thema ESG wahr. Die zahlreichen und sich auch laufend ändernden EU-Regulatorien, insbesondere aber die kommende CO2-Bepreisung von Gebäuden, die auch in Österreich ab Oktober vorgesehen ist, sind Themenfelder, die jeden Investor oder Immobilienkonzern vor große Herausforderungen stellen. Manche haben schon ihre Hausaufgaben gemacht, aber was ich beobachten konnte, steht ein beachtlicher Teil der Branche erst mitten im Transformationsprozess, nachhaltig beziehungsweise klimaneutral zu werden.
Eine positive Entwicklung?
Absolut. Die Frage ist nur, wer die ganzen Maßnahmen kostenseitig tragen wird. Ob das der Vermieter oder der Mieter sein wird. Hier gibt es noch großen Diskussionsbedarf. In Deutschland hat man sich hier auf ein Stufenmodell, sprich eine Teilung der Kosten geeinigt, je nachdem, wie nachhaltig oder wie klimaneutral ein Gebäude ist. Die Energiebilanz der Immobilie soll hier der Maßstab sein, so steht es im bisherigen Gesetzesentwurf.
Welche Vorschläge haben Sie für Investoren bezüglich Projektvermarktung?
In letzter Zeit konnte man beobachten, dass sich verstärkt PropTech-Unternehmen am Markt etablieren, die im Bereich Visualisierung oder Vorvermarktung neue Maßstäbe setzen. Mit 3D und 5D (360 Grad) zum Beispiel. Hier ist die Digitalisierung der Tools weit fortgeschritten und ermöglicht den Einsatz neuer Technologien zur besseren Vermarktung. Es gibt schon einige Player am Markt, insbesondere in Deutschland, aber mittlerweile auch bei uns in Österreich.
Zur ARS-Akademie-Ausbildung für Immobilien-Manager: Warum sollte man diese unbedingt absolvieren?
Die Ausbildung zum zertifizierten Immobilien-Manager beinhaltet die Absolvierung der drei Lehrgänge Immobilien-Controlling, Immobilien-Projektentwicklung und Immobilien-Finanzierung. Durch das Erlernen dieser wichtigen Kernprozesse der Immobilienwirtschaft erhält jeder Teilnehmer eine umfassende und ins Detail gehende Ausbildung, welche auch die neuesten Branchenentwicklungen berücksichtigt: ESG, Nachhaltigkeit, Digitalisierung,
Expertenwissen vertiefen
Bleiben Sie up-to-date