Incentives und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle

ARS Akademie

Interview mit Jens Winter

In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit Incentives und Mitarbeiterbeteiligungs-modellen – dazu haben wir mit Dr. Jens Winter gesprochen, einem der führenden Spezialisten im Arbeitsrecht. Dabei gibt uns der Partner und Rechtsanwalt bei CMS Reich-Rohrwig Hainz einen kleinen Vorgeschmack auf seinen Beitrag zu unserem Kongress „KI am Arbeitsplatz – Powercouple Mensch und Maschine.

Gute Arbeit wird belohnt

Incentives und Mitarbeiterbeteiligungsmodelle: Was zählt dazu und wann sind sie üblich?

Es zählt alles dazu, was über das übliche, laufende Entgelt hinausgeht – alles, was erfolgs- oder leistungsabhängig ausbezahlt wird. Kurzum, der Mitarbeiter soll etwas bekommen, weil er oder das Team hervorragende Arbeit geleistet hat oder das Unternehmen einen wirtschaftlichen Erfolg erzielen konnte. Incentive-Systeme sollen Mitarbeitern als Motivation dienen, außergewöhnliche Leistungen zu erbringen.

Ein Incentive ist abhängig von bestimmten Kriterien – in der Regel ist es eine Mischung aus persönlichen und unternehmensbezogenen Leistungszielen.“

Attraktives Vergütungsmodell – attraktives Unternehmen

Wie finde ich als Unternehmen das passende Vergütungsmodell für meine Mitarbeiter?

Um als Arbeitgeber interessant zu sein, muss man idealerweise schauen, was die Mitbewerber machen: Was geben andere? Wenn man deutlich dahinter zurückbleibt, ist man unattraktiv.

Außerdem muss man sich als Unternehmen Gedanken dazu machen, welche Art von Unternehmen man hat, wie groß es ist und welche Mitarbeiter-Gruppen es zu unterscheiden gilt. Dann orientiert man sich mit spezifischen Zielen an einem übergeordneten Ziel, das erst einmal definiert werden muss – so bastelt man sich ein System, das passt.

Welche Vor- oder Nachteile gibt es bei Incentive-Systemen, die weit verbreitet sind?

Ziel eines passenden Incentive-Systems sollte es sein, die richtige Motivation für die Belegschaft zu schaffen – damit die Ziele, die ich als Unternehmen mit der Belegschaft erreichen möchte, bestenfalls zu 100 % erreicht werden. Dabei ist die Zielsetzung wichtig: Was will ich erreichen? Wozu bin ich bereit, wie viel Geld auszuschütten?

“Ein gutes Incentive-System trägt dazu bei, die Ziele des Unternehmens zu erreichen.”

Wenn Incentivierungen nämlich nicht zielgerichtet oder spezifisch auf die jeweilige Mitarbeiter-Gruppe ausgerichtet sind, bedeutet das meist, dass Ziele nicht oder nur teilweise erreicht werden können. Das ist ein häufiger Fehler, der auftritt, wenn einzelne Incentivierungs-Maßnahmen blind von anderen Unternehmen übernommen werden, ohne diese an die eigenen Ziele und Bedürfnisse anzupassen.

Das passende Vergütungsmodell wählen

Worauf sollte man achten, wenn man Incentive-Systeme anderer Unternehmen für das eigene adaptiert?

Transparenz. Denn intransparente Systeme sind längerfristig der Tod jedes Unternehmens. Wenn der Mitarbeiter nicht versteht, was er für welche Mehrleistung bekommt, wird er sich nicht anstrengen. Je klarer die Spielregeln, das Ziel und diese Größen messbar sind, desto eher wird der Mitarbeiter Motivation an den Tag legen.

Haben Sie Beispiele, wie man die passenden Maßnahmen wählt?

Beratungsarbeit baut grundsätzlich auf jenen Systemen auf, die man aus Erfahrung kennt. Start-ups haben beispielsweise Phantom-Shares, weil sie kein Geld haben. Vertrieb hat typischerweise Provisions-Systeme in unterschiedlicher Ausführung.

Generell kann man natürlich sagen: Geht’s dem Unternehmen gut, ist das auch ein Zeichen dafür, dass HR beispielsweise seine Sache ganz gut gemacht hat. Aber das als einzige Zielgröße reicht natürlich nicht, um Erfolg messbar zu machen. Gerade in diesen Bereichen gibt es oft softe Ziele, die nicht klar messbar sind – aufbauend darauf können Ziele vereinbart werden, die messbar gemacht werden.

Incentive-Systeme und die Veränderungen am Arbeitsmarkt

Es hat eine Veränderung am Arbeitsmarkt gegeben, weg vom Nachfrage- hin zum Angebots-Markt. Wie wirkt sich das auf die Incentives aus? 

Mitarbeiter achten jetzt mehr auf Incentives. Früher waren Incentive-Systeme eine positive Randerscheinung – potenzielle Arbeitnehmer haben nur darauf geachtet, ob es sie gibt. Sie haben noch nicht darauf geachtet, welche es gibt. Nun kommen Fragen auf, wie: Was hat der Arbeitgeber anzubieten? Was kann ich daraus generieren? Ist das fake? Ist das transparent? Kann ich das nachvollziehen? Verstehe ich das System oder nicht?

Je einfacher das Unternehmen gestrickt ist, umso einfacher das System funktionieren kann, desto einfacher ist natürlich auch die Gestaltung. Schwierig wird es dann, wenn ich mir tatsächlich Gedanken mache: Welche verschiedenen Mitarbeiter-Gruppen habe ich, welche unterschiedlichen Systeme bestehen? Diese unterschiedlichen Systeme muss man den Mitarbeitern dann auch erklären: Warum hat der eine Mitarbeiter ein anderes Incentive-System als der andere? Dafür braucht man eine plausible, gut nachvollziehbare Antwort. Wenn jemand eine andere Tätigkeit hat, muss er an anderen Zielen gemessen werden. 

Bei den jüngeren Generationen gibt es eine einheitliche Tendenz, die sich eine wirtschaftliche Absicherung wünscht, von der sie leben kann. Und wenn es um Erfolgsbeteiligungen oder Prämien im weitesten Sinne geht, dann wollen sie, dass diese einen erheblichen Bestandteil des Grundgehalts ausmachen. Denn wenn sich jemand anstrengt, dann will er auch ordnungsgemäß dafür entlohnt werden.

Wie hat sich die Pandemie auf die Bonus-Modelle ausgewirkt? 

Covid gilt als absoluter Leistungsstörer und aus rechtlicher Sicht interessiert uns besonders, wem das Risiko der Pandemie zuzuordnen ist – dass das Unternehmen nichts verkauft hat, keinen Umsatz gemacht hat, keinen Gewinn. Außerdem hat die Pandemie erheblich zur Verschiebung am Arbeitsmarkt vom Nachfrage- hin zum Angebots-Markt beigetragen. Incentives waren vor der Pandemie noch ein Nice-to-have und sind nun in vielen Bereichen zum Must-have geworden – die Mitarbeiter wollen genau wissen, woran sie sind und was sie dafür leisten müssen.

Kongress: Mitarbeiterbeteiligungsmodelle & Incentives erfolgreich im Unternehmen einführen

Auf welche Themen werden Sie am Kongress im September besonders eingehen und weshalb?

Ich werde darauf eingehen, was die wesentlichen Überlegungen sind, die ich als Unternehmen anstrengen muss, damit ich ein möglichst passendes, interessantes, auch am Arbeitsmarkt relevantes System habe.

Wichtig ist auch, dass man keine Incentive-Systeme blind übernimmt, weil falsche Ziele und Entlohnungsmodelle zur Demotivation führen können. Diese ist dann manchmal auch nicht mehr umkehrbar, was im schlimmsten Fall zur Fluktuation führt.

Wenn man ein Modell gefunden hat, das passt, heißt das nicht, dass man es 15 Jahre ohne Adaptierungen verwenden kann. Diese Überlegung bereits in den Gestaltungsprozess miteinzubeziehen ist sehr aufwendig: Es ist nicht immer möglich, ein System zu schaffen, das sich leicht an den Arbeitsmarkt und die Marktverhältnisse anpassen lässt.

Das ideale System wäre eines, das so flexibel gestaltet ist, dass ich es transparent und möglichst einfach in der Zukunft adaptieren kann.

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Hier schreibt das Team der ARS Akademie.