Ältere Mitarbeitende als Schlüssel gegen den Fachkräftemangel
Der österreichische Arbeitsmarkt steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Während die Zahl jüngerer Arbeitskräfte rückläufig ist, wächst die Gruppe der erfahrenen Arbeitnehmer*innen kontinuierlich. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an qualifizierten Fachkräften hoch – insbesondere in Branchen wie Gesundheit, Gastronomie, Industrie oder Dienstleistungen.
Unternehmen, die frühzeitig auf diese Entwicklungen reagieren, sichern sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Ältere Mitarbeitende 50+ spielen dabei eine zentrale Rolle. Die aktuelle Deloitte-Studie Aging Workforce 2025 zeigt klar: 76 % der Unternehmen halten diese Zielgruppe für (sehr) wichtig, um künftig ihren Arbeitskräftebedarf zu decken. Trotzdem setzen viele Betriebe noch zu wenige Maßnahmen, um diese Talente gezielt zu gewinnen oder langfristig zu halten.
Warum Unternehmen jetzt auf die Zielgruppe 50+ setzen sollten
Die Altersgruppe 50+ bringt nicht nur jahrzehntelange Erfahrung mit, sondern auch hohe Loyalität, ausgeprägte Problemlösungskompetenzen und wertvolle Perspektiven. In altersdiversen Teams entstehen nachweislich innovativere Lösungen, und der Wissenstransfer stärkt die gesamte Organisation.
Zudem zeigen aktuelle Daten, dass ältere Arbeitnehmer*innen häufig länger im Unternehmen bleiben, wenn sie gute Rahmenbedingungen vorfinden. Das Vorurteil eines „kurzen Verbleibs“ vor dem Pensionsantritt hält einer genaueren Betrachtung kaum stand. Viele Beschäftigte können und wollen länger arbeiten, einige sogar über das gesetzliche Pensionsalter hinaus.
Die Herausforderung für HR liegt nun darin, die Potenziale der Zielgruppe 50+ systematisch zu erschließen.
Große Chancen, aber auch klare Hürden für Unternehmen
Die Studie zeigt deutlich, wo die größten Schwierigkeiten bei Bindung älterer Mitarbeitender liegen:
- Gesundheitliche Einschränkungen oder höhere Ausfallzeiten (45 %)
- Hohe Gehaltskosten durch KV (34 %)
- Weniger Flexibilität/Bereitschaft sich auf Neues einzustellen (29 %)
Hinzu kommen strategische Versäumnisse: 59 % der Unternehmen setzen derzeit keinerlei Maßnahmen, um ältere Mitarbeiter*innen gezielt anzusprechen oder zu binden.
Umso wichtiger ist es, auf jene Faktoren zu setzen, die Active Aging im Unternehmen erleichtern.
Vier wirksame Strategien für Unternehmen in Österreich
1. Attraktive, flexible Rahmenbedingungen schaffen
Flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle und Homeoffice gehören zu den effektivsten Instrumenten, um erfahrene Talente anzuziehen. 37 % der befragten Unternehmen nutzen diese Maßnahmen bereits, doch ihr Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft.
Insbesondere bei Schichtarbeit kann eine kluge Planung die Gesundheit und Leistungsfähigkeit deutlich erhöhen. Auch Altersteilzeitmodelle (29 %) werden zunehmend eingesetzt.
2. Gesundheitsförderung und Prävention stärken
Gesundheit und Arbeitsfähigkeit älterer Mitarbeiter*innen zählen zu den wichtigsten Faktoren, wenn Unternehmen in Österreich die Potenziale der Aging Workforce wirksam nutzen wollen. Gerade vor dem Hintergrund des steigenden Durchschnittsalters in der Belegschaft gewinnt eine langfristig angelegte, präventive Gesundheitsstrategie immer mehr an Bedeutung. Während ältere Beschäftigte statistisch gesehen seltener krankheitsbedingt ausfallen, dauert ein Krankenstand im Durchschnitt länger. Ein klarer Hinweis darauf, wie wertvoll frühzeitige Maßnahmen sein können.
Eine konsequente betriebliche Gesundheitsförderung hilft dabei, körperliche und mentale Belastungen abzufangen, bevor sie sich verfestigen. Ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind, können Beschwerden reduzieren und die tägliche Arbeit spürbar erleichtern. Ebenso wichtig ist die Stärkung der psychischen Gesundheit, denn steigende Komplexität, neue Technologien und veränderte Arbeitsabläufe können für langjährige Mitarbeitende herausfordernd sein. Angebote wie Resilienztrainings, Coachings oder Programme zur Stressprävention vermitteln Sicherheit und unterstützen die Fähigkeit, Veränderungen selbstbewusst zu meistern.
Für Unternehmen entsteht daraus ein doppelter Vorteil. Zum einen sinken Fehlzeiten und gesundheitliche Risiken, zum anderen steigt die Produktivität und Motivation älterer Mitarbeitender deutlich an. Studien zeigen, dass jeder in Prävention investierte Euro eine besonders hohe Wirkung entfaltet. Gleichzeitig verbessern gesundheitsorientierte Maßnahmen das Employer Branding, da sie für viele Bewerber*innen – insbesondere in der Altersgruppe 50+ – ein entscheidendes Kriterium für die Arbeitgeberwahl darstellen.
Auch die Bindung ans Unternehmen profitiert spürbar. Wenn ältere Mitarbeitende erleben, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden, steigt ihre Identifikation mit der Organisation. Sie bringen ihre Erfahrung aktiver ein, arbeiten engagierter und bleiben dem Unternehmen länger treu.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Qualifizierung von Führungskräften. Sie benötigen das Wissen, um altersbedingte Veränderungen richtig einzuordnen und Mitarbeitende wertschätzend zu begleiten. Entsprechende Trainings helfen Führungskräften, ihre Teams vorausschauend zu unterstützen und langfristige Leistungsfähigkeit zu sichern.
3. Lebenslanges Lernen fördern – ohne Altersbias
Die Fähigkeit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, wird angesichts digitaler Transformation und KI immer wichtiger. Gerade ältere Mitarbeitende profitieren besonders, wenn Unternehmen eine lernförderliche Umgebung schaffen, denn häufig liegt kein biologischer Lernrückgang vor, sondern Lernentwöhnung durch jahrelanges Arbeiten in stabilen Strukturen.
Die Studie zeigt, dass viele Unternehmen dieses Potenzial noch nicht ausreichend nutzen:
- 25 % der Betriebe sehen veraltete Skills als Herausforderung
- Nur 25 % bieten bewusst „Learning on the Job“ oder Weiterbildungen an
- 18 % bemängeln fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten
Doch gerade hier liegt ein strategischer Hebel. Durch praxisnahe Qualifizierungen, Mentoring-Modelle oder individuell zugeschnittene Lernangebote können Unternehmen ältere Mitarbeitende gezielt stärken und gleichzeitig sicherstellen, dass alle Beschäftigten in einer technologisierten Arbeitswelt handlungsfähig bleiben.
Unternehmen, die lebenslanges Lernen als festen Bestandteil ihrer HR-Strategie verankern, profitieren von höherer Motivation, stärkerer Bindung und einer Belegschaft, die Veränderungen aktiv mitgestaltet. Für HR bietet das zudem die Chance, Kompetenzen klarer zu steuern und interne Karrierepfade attraktiv zu halten.
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4. KI als Chance verstehen & nicht als Risiko
Ein weiterer entscheidender Faktor beim Halten älterer Mitarbeitender ist die Frage, wie gut Unternehmen individuelle Karrierewege gestalten. Dabei geht es nicht nur um klassische Aufstiegsmodelle, sondern um altersgerechte, langfristig tragfähige Entwicklungsoptionen, die den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Mitarbeitenden entsprechen.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass hier noch viel Potenzial ungenutzt bleibt:
- Nur 18 % der Unternehmen bieten altersgerechte Karrieren an
- 23 % arbeiten aktiv an der Reduktion psychischer und physischer Belastungen
- 41 % setzen auf lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle
Eine durchdachte Gestaltung von Karrierewegen, zum Beispiel durch Projektrollen, fachliche Spezialfunktionen oder Job Rotation, kann die Arbeitsfähigkeit bis ins hohe Alter stärken. Gerade ältere Mitarbeitende schätzen Rollen, in denen sie ihre Erfahrung einbringen, Wissen weitergeben und gleichzeitig neue Impulse erhalten können.
Unternehmen, die solche Modelle bewusst implementieren, schaffen eine Kultur der Wertschätzung und Entwicklung, die über das Pensionsalter hinaus wirkt. Gleichzeitig wird die Organisation widerstandsfähiger, da kritisches Erfahrungswissen gesichert bleibt. Ausbildungen und Weiterbildungen im Bereich demografiesensible Personalentwicklung oder altersgerechte Führung können HR-Teams zusätzlich dabei unterstützen, diese Prozesse professionell zu gestalten.
Fazit: Active Aging als strategischer Erfolgsfaktor
Die Bevölkerungsentwicklung ist eindeutig: Unternehmen, die heute in altersgerechte Personalstrategien, Weiterbildungen, Gesundheitsmaßnahmen und inklusive Führung investieren, sichern sich ihren Fachkräftebedarf langfristig.
Es reicht nicht mehr, Maßnahmen nur „für alle“ anzubieten. Erfolgreiche HR-Abteilungen entwickeln spezifische, zielgruppengerechte Konzepte für Mitarbeitende 50+ – von Employer Branding über Recruiting bis hin zur täglichen Arbeitsgestaltung.
Die Aging Workforce ist kein Risiko, sondern eine der wertvollsten Ressourcen, die österreichische Unternehmen heute nutzen können.
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